Wozu die Autorin die Autorin auf Reisen am wenigsten Zeit hat, ist scheint’s das Schreiben ... aber heuer gehts weiter!
10.. Mai 2011
Den wunderschönen Neckar entlang fahren meine Mainzer Freunde mich in den Süden Deutschlands, in ein besonderes Eckchen Badens, Hessens und ... Hier erhebt sich, hoch über dem Neckar die Kaiserpfalz Bad Wimpfen. Lasst die Städte hinter Euch (wenn Ihr Euch sie angesehen habt), und sucht Euch die kleinen, verwunschenen Orte, die nur den Kennern bekannt sind! Vewinkelte, kopfsteingepflasterte Straßen, die steil ansteigen, haarsträubende Kurven, die dem Autofahrer zumindest Ruhe und Geduld, aber auch einmaliges Können abverlangen, und Fachwerkhäuser, die dem Märchenbuch entsprungen zu sein scheinen, schmücken Bad Wimpfen. „Grüß Gott“ heißt’s hier statt „Gude Morjsche“, und man ruft’s sich zu, ohne einen Unterschied zwischen Neuankömmlingen und Alteingesessenen zu machen. In Bad Wimpfen ist Freundlichkeit anscheinend das oberste Gesetz.
Ich finde Unterkunft im alten „Judenhaus“, in dem Rosemarie Kern immer noch ein Antiquitätengeschäft unterhält, in Räumen, die von freundlicher Wärme, Vergangenheit und Geborgenheit strotzen. Wie Rosemarie selbst. Das Chi fließt hier ungehindert, streichelt die schönen alten Möbelstücke, saust die knarrenden Treppen auf und ab, und verliert sich in herrlichen alten Gemälden. Gegenüber Rosemaries Haus lädt ihr verwunschener Bauerngarten mit seiner Blütenpracht, schattenspenden Bäumen und gewundenen Pfaden zum Sitzen, Ausruhen und Träumen ein.
Im selben Garten treffen wir uns nach der ersten Bad Wimpfener Veranstaltung – im Kulturkeller im ehrwürdigen Rathaus stelle ich Ausschnitte aus „Ein bisschen Heimat im Gepäck“* vor. Die Geschichten der Deutschen, die 1948 und 1954 nach Australien auswanderten, berühren die kleine Schar der Zuhörer. Es ist das erste Mal, dass ich sie einem Publikum vorstelle, und obwohl ich manchmal lachen, manchmal weinen musste, wenn mir diese Geschichten erzählt wurden, und ich versuche, die Gefühle, den Ton und den Klang meiner Erzähler so treu wie möglich wiederzugeben, ist es doch die Reaktion des Publikums, die zählt. Herr Michel vom Kulturamt Bad Wimpfen und seine Mitarbeiter haben die Stuhlreihen im Rathauskeller so gemütlich arrangiert, unterbrochen von kleinen Bistrotischen erleuchtet mit Windlichtern, dass nur noch das Gläschen Wein fehlt. Als ich meinen Gedanken äußere, springt Rosemarie Kern ein und spendiert ein Fläschchen aus ihren eigenen Vorräten. Als die Diskussion, die der Vorlesung entspringt, sich ausdehnt, schlägt sie vor, dass wir das Gespräch in ihre Gartenlaube vertagen ... Es ist fast Mitternacht an diesem lauen Abend, bevor wir uns voneinander trennen.
Die Bücher meiner vierteiligen Familiensaga hat Herr Zwölfer von der Buchhandlung passepartout aus dem naheliegenden Bad Rappenau gestellt. Am nächsten Abend kann er nicht persönlich erscheinen, aber das ist kein Problem, sie dürfen im Kulturkeller übernachten, und morgen hole ich sie mit meinem kleinen Rollkoffer ab.
* „Ein bisschen Heimat im Gepäck“ – Literarische Nahaufnahmen Deutscher Auswanderer nach Australien, Veröffentlichung vorraussichtlich 2012
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