25.5.2011
Es scheint, ganz egal, wie lange im voraus und wie gut man plant, dass nicht alles klappt, wie man es sich vorstellt. Fast ein Jahr lang habe ich meine Tour geplant, Daten und Orte sorgfältig abgestimmt, um immer am richtigen Tag am richtigen Ort zu sein ... und dann kommt eine kurzfristige Absage. Diesmal vom Kaffeehaus Lindenallee. Nicht genug Anmeldungen, heißt es. Trotz meiner Versicherung, dass ich auch noch Gäste mitbringe, und obwohl das Café wegen eines abgestellten Telefonbeantworters nicht zu erreichen ist, wird die Lesung kurzerhand abgeblasen. Die Absage tut weh und ist ärgerlich. Für mich ist es nicht nur ein Verdienstausfall, sondern auch die verlorengegangene Chance, mein Buch potentiellen Lesern vorzustellen. Und was ist mit Gästen, die von außerhalb anreisen wollten, und die ich nicht mehr erreichen kann? Frustrierend. Immerhin kann ich mit Otto darüber reden. Absagen von seiten der Veranstalter sind scheint‘s etwas, womit man als „fahrender Künstler“ leben muss. Otto gelingt es, mein krümelndes Selbstbewusstsein wieder aufzurichten und irgendwie rutscht das Gespräch in eine tiefsinnige Diskussion über die Esoterik - und den schottischen Sänger Eric Bogle[1]. „Kennst du ‚No Man’s Land‘?“ fragt Otto und greift auch schon zur Gitarre. Natürlich kenne ich dieses tolle Lied, über den jungen Gefreiten Willie McBride, dessen Grabstein der Sänger auf einem Soldatenfriedhof in Flandern entdeckt. Das Lied hat mich immer berührt, vielleicht weil auch mein Opa im Ersten Weltkrieg hatte kämpfen müssen, und er immer durchblicken ließ, wie sinnlos der Krieg sei. „Glaubtet ihr wirklich, dieser Krieg würde das Ende aller Kriege sein“, fragt Eric Bogle im Song. „Denn das Leiden, der Schmerz, der Ruhm, die Scham, das Morden, das Sterben ... geschah alles für nichts und wieder nichts.“ Die Kriege haben nicht aufgehört. Otto singt mir seine Version des Liedes mit einem Text im ostfriesischen Platt, den ein Freund gemacht hat, vor ... und eine Gänsehaut läuft mir den Rücken herunter.
Nun, die Fahrt nach Oldenburg war schon organisiert, also unternehme ich sie trotzdem. Genieße einen Bummel durch das hübsche Städtchen und treffe mich mit meiner Verlegerin und ihrem Team.
Am Morgen wanderte ich über den Findorfer Wochenmarkt. All das herrlich frische Gemüse, die reichhaltigen Käsesorten, das knusprige Brot – am liebsten würde ich meine Taschen mit Frischem füllen. Leider bin ich nur zu Besuch, habe keine Küche, keine Gelegenheit zu kochen ... auch etwas, was die Autorin auf Reiesen zu vermissen beginnt. Die ganz mondänen Aufgaben, wie Einkaufen, Essen kochen, am Abend nach getaner Arbeit in alten Klamotten rumlümmeln ... Anderseits werde ich immer wieder so lecker bekocht! Wie bei Otto und Claudia, die knackfrischen Spargel, am Morgen frisch gestochen, auf den Tisch bringen. Ich hatte ganz vergessen, dass in Deutschland der Mai die Spargelzeit markiert! Und nie kann man genug von diesem zarten Gemüse bekommen: Ich esse es in Mainz, in St Augustin, in Kiel, in Bremen ... Claudia verrät mir ihr Rezept und erklärt mir, wie man aus dem Spargelsud noch ein ausgezeichnetes Süppchen kocht. Schade, dass es in Australien fast nur den grünen Spargel gibt.
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