Mittwoch, 29. Juni 2011

Bremen – Bremerhaven - Oldenburg – Vegesack

23. bis 27. Mai 2011

Bremerhaven 24.5.
Am Sonntagabend fahre ich mit Otto Groote zurück nach Bremen. Noch etwas, woran ich mich gewöhnen muss: Abrupte Abschiede folgen wenigen Tagen des intensiven Beisammenseins, des Zusammen-Schaffens, des Zusammen-etwas-Erreichens. Kaum fühle ich mich wohl, bin wohlversorgt, lerne neue Gegenden und Landstriche kennen – und muss weiter. Ich fühle mich von einer Woge aufgehoben und mitgerissen – mal schaukel ich sanft in einem Wellental, dann werde ich wieder hochgespült. Meine neuen Gastgeber, Claudia und Otto, leben in einem Bunker, den sie mit viel Phantasie und Liebe ausgebaut haben. In die meterdicken Betonwände haben sie Fensterfronten geschlagen, die dieDeutsches Auswandererhaus Sicht auf einen herrlichen Kanal freigeben. Und: „Ich hatte des Nachts einen Herrn zu Besuch“, kann ich meinen Freunden am nächsten Morgen mitteilen! Der Kater Harry hat die Nacht schnurrend und sich an mich kuschelnd auf meinem Bett verbracht! Ich fühlte mich fast wie zu Hause! Dann geht’s erstmal Brötchen holen – auch so etwas herrlich Deutsches! Wie oft habe ich als Kind diesen Gang getan. Die warme Geschäftigkeit, die trotz der frühen Stunde in der Bäckerei herschte, dieser wunderbare, einmalige Geruch nach frisch gebackenen Brötchen ... nie schmecken die Brötchen in Australien so gut wie die Deutschen. Das Mehl in Australien ist anders, vielleicht auch die Backweise. Jedenfalls erreichen sie nie  diese Mischung aus innen luftig, außen krosch, die den deutschen Bäckern gelingt.   
Später am Morgen werde ich abgeholt – mein Cousin Hans und seine Frau Silvia holen mich ab zu einer Resie in die Vergangenheit der etwas anderen Art: Nach Bremerhaven. Hier habe ich 1972 Deutschland verlassen! Ganz in der Nähe des Auswanderermuseums liegt der Kai, an dem damals die TSS Fairstar der Sitmar Linie vertäut war. Ich erinnere mich, wie ich damals hoch über dem Kai auf dem Deck stand, während unten Onkel Gerhard und Tante Rosel, mein Cousin Hans und meine Cousinen Silke und Regina winkten und winkten. Zum Schluss, als das Schiff sich langsam entfernte, mit einem Bettuch. „Wir haben alle geweint“, erinnert Silke sich. Ich war wie betäubt.
Im Auswanderermuseum kann man nacherleben, wie Generationen von Auswanderern den Abschied und die Reise in die neue Welt erlebt haben. Mit Liebe zum Detail und größter Sorgfalt haben die Angestellten des Museums Fakten, Erinnerungen und Zeugenberichte gesammelt, die die Stadien der Ausreise lebhaft nachempfinden. Ein berührender Besuch.

Wegen meinem Onkel, Gerhard Bohde, wählte ich, als ich einen Verlag suchte, den Schardt Verlag in Oldenburg aus. Onkel Gerhard, der auch auf Föhr geboren wurde, hatte sich als niederdeutscher Dramaturg und Lyriker einen Namen gemacht, und sich in Benthulen, in der Nähe von Oldenburg niedergelassen. Vielleicht dient mir das als gutes Omen, dachte ich mir – und tatsächlich, der Schardt Verlag akzeptierte mich!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen