11. Juni 2011
Meine Lesetermine hinter mir, habe ich Zeit zu allem Übrigen! Und es ist erstaunlich, wenn man Zeit hat, wie schnell sie vergeht! Ich radel noch einmal die hübsche Strecke nach Alkersum. Da habe ich nämlich letztens im Vorüberfahren einen Hofladen entdeckt. Nun, ich suche nach einem Mitbringsel, könnte ich da fündig werden? Und wirklich, schöne Sachen haben sie dort. Marmeladen, Honig, Senf, Tee, Kekse – sogar Liköre in attraktiven Flaschen. Es ist nicht schwer etwas zu finden, nur die Wahl fählt schwer ... Für mich nehme ich noch ein paar lose, frische Eier mit. Es macht Spaß, etwas zu kaufen, was nicht vorverpackt oder gar eingeschweißt ist! Ich parke mein Auto bei meiner Tante in der Badestraße und laufe zu Fuß durch die Wälder zum Südstrand. Ich bin auf dem Weg, das Ehepaar Albrand zu besuchen. Sie wohnen im Haus von Fräulein Köhler. Wenn Euch das nichts sagt: Fräulein Köhler war eine dieser herrlichen Damen, die auf Föhr schon nach dem Ersten Weltkrieg ein Kinderheim, das Kinderheim Köhler, eröffnete, und dies bis ins hohe Alter selbst leitete. Als Herr Albrand ihr Privathäuschen von seiner Tante erbte und bezog, beschrieb er diese Dame, die man auf Englisch als formidable beschreiben würde, in einem Artikel in der Inselzeitung „Wir Insulaner“. Und ich erinnerte mich an Fräulein Köhler! Einmal im Jahr, zur Weihnachtszeit nämlich, wurden meine Schwester und ich eingeladen, in Begleitung unseres Vaters, Fräulein Köhlers wunderbare Sammlung geschnitzter Holzengel aus dem Erzgebirge anzuschauen. Auch ihre Spieluhren ließ sie für uns erklingen. Spontan schrieb ich an die Albrands und erzählte ihnen davon. Ein Briefaustausch ergab sich, und eine Einladung wurde ausgesprochen. Fast ein Jahr später greife ich die Einladung auf, denn ein Versprechen musste eingelöst werden. Herr Albrand hatte nämlich beim Hausaufräumen im Keller eine alte Spieluhr aus dem Besitz Fräulein Köhlers gefunden, und die wollten sie mir schenken! Es wurde ein netter Nachmittag, auch wenn Fräulein Köhlers Häuschen sich innerlich sehr verändert hatte, von außen sieht es immer noch so aus, wie in meiner Erinnerung! Wir sprechen über das energische Fräulein, die vielen Kinder, denen sie ein Ferienerlebnis auf Föhr beschert hat, über das Leben in der Ferne, und die Rückkehr auf die Insel. Sogar den Pharisäer, dieses typische Insel- und Halligsgetränk, für das wir beide eine Schwäche gestanden hatten, vergißt Herr Albrand nicht. Die kleine Spieluhr der alten Dame steht inzwischen bei mir in der Vitrine. Ganz bis Australien hat sie es geschafft.
Am Abend hole ich meine Tante ab. In meinem kleinen Auto machen wir eine schöne Inselrundfahrt und kehren dann im Midlumer Krog zu einem wohlverdienten Abendessen ein. Der Midlumer Krog ist ein typisches Landgasthaus, beliebt unter den Föhrern, vor allem wenn eine größere Veranstaltung ansteht. Ich bin überrascht, dass auch so viele Kurgäste hier speisen!